Auch in diesem Jahr kamen am zweiten Wochenende im Januar ehrenamtlich Mitarbeitende der ambulanten Hospizdienste des Netzwerkes Hospiz Unterer Niederrhein in der Wasserburg Rindern zusammen. Unter dem Motto „Wofür stehe ich morgens auf?“ gab es spannende Vorträge und interaktive Workshops, die zum Austausch anregten.
„Hospizliche Begleitung ist für mich auch Lebensbegleitung bis zum Ende, damit das letzte Stück Leben hoffentlich so gestaltet werden kann, dass es eine gute Erinnerung wird für die, die bleiben“, erklärt Renate Hirt. Sie ist Koordinatorin des Hospizdienstes AHA e.V. in Kamp-Lintfort und eine von vielen Teilnehmenden an diesem Tag.
„Sie begleiten Menschen auf dem schwersten Weg ihres Lebens und tragen dazu bei, das Bewusstsein für das Sterben zu schärfen, befand Barbara Blau, zuständige Bildungsreferentin an der Wasserburg Rindern zur Eröffnung des Regionaltages. „Durch Ihre Arbeit ist das Leben auch im allerletzten Kapitel voller Bedeutung“, wandte sie sich an die 100 ehren- und hauptamtlich tätigen Hospiz-Mitarbeitenden. Eva Chiwaeze, Mitbegründerin der Fachtagung, und langjährige Leitung des Hospizdienstes in Wesel unterstrich, dass „Hospizarbeit immer auch Friedensarbeit ist - Hospiz kann man auch anders schreiben HosPEACE! Zusammenarbeit und Fürsorge wird lebendig und sensibel gestaltet und ist interkulturell und interreligiös möglich. Frau Chiwaeze betont, es sei wesentlich, dass man sich einmische und offen bleibe für Veränderungen und Entwicklungen. „Wir sind schließlich eine Bewegung, keine Institution“.
Die Hospizbewegung in Deutschland war die Antwort auf eine Gesellschaft, die das Sterben und die Sterbenden immer weiter an den Rand zu drängen drohte. Ihr Ziel: dem Sterben einen Platz im Leben und im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu geben und Sterbenden und ihren Angehörigen Unterstützung anzubieten. Mit Beginn der 1980er Jahre bildeten sich nach und nach ambulante Hospizdienste. Das erste stationäre Hospiz in Deutschland wurde 1986 in Aachen eröffnet.
Sich verändernde gesellschaftliche Rahmenbedingungen, eine deutlich erhöhte Lebenserwartung und ein damit einhergehender langsamerer Sterbeprozess sorgten für eine allmähliche Überforderung innerhalb der betroffenen Familien. Zudem wurde ab dem Ende der 1970er Jahre die Kritik am Umgang mit sterbenskranken Menschen in Kliniken und Pflegeheimen lauter. „Die Diskrepanz zwischen dem Ort, an dem die Menschen sterben wollten und dem Ort, an dem sie es tatsächlich taten, war groß“, erklärt Dorothee Beutler, die in Kleve den ambulanten Hospizdienst koordiniert.
Der Wunsch, diesen Menschen beizustehen und dem Wunsch nach einem würdevolleren Umgang mit ihnen ließ viele Hospizinitiativen entstehen, gestartet durch bürgerschaftliches oder kirchliches Engagement. Sie alle eint bis heute der Gedanke, dass der sterbende Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Die erste überregionale Hospiz-Vereinigung wurde 1985 in Bocholt gegründet. „Es war von Anfang an unser Ziel, regional vernetzte Strukturen zu schaffen“, erklärt Inge Kunz von Omega Bocholt – Rhede – Isselburg. Trafen sich zunächst rein ehrenamtlich Tätige, seien mit der Zeit zehn bis 14 Hospizdienste entstanden und verknüpften sich nach und nach immer mehr miteinander, um auch „politisch eine Stimme zu haben“, sagt Kunz. So bringen sie ihre Erfahrung in Gesetzgebungsverfahren ein. Stichwort: Finanzierung der Begleitungen durch die Krankenkassen.
Mit ihren Anstrengungen gibt sich Inge Kunz kämpferisch, seien sie aber noch lange nicht fertig. „Sterben ist noch immer nicht enttabuisiert und müsste viel mehr in die Gesellschaft integriert sein.“ Sehr wichtig ist es ihr zu betonen, dass „wir in den Hospizdiensten nicht schöner sterben machen“. Als Hospiz-Dienstleistenden stelle man sich immer in die zweite Reihe. „Wir sind aber nicht die besseren Angehörigen“, unterstreicht sie. Es gehe um professionelle und menschliche Begleitung, sieht auch Renate Hirt. Was noch erreicht werden muss? „Die Förderung für die Sterbebegleitung gibt es. Was immer noch fehlt, ist jedoch die ebenso wichtige Unterstützung für die Begleitung der trauernden Hinterbliebenen“, wirft Inge Kunz mit Blick in die Zukunft ein.
Pressemitteilung: Claudia Gronewald. Gekürzt und angepasst von Kira Wietharn, Wasserburg Rindern.